Eine Reise nach Argentinien war eigentlich für das Wochenende zuvor geplant, allerdings sind die Busverbindungen nach Mendoza wegen des Feiertags in Chile alle schon lange vorher ausgebucht gewesen, so dass wir uns entschieden haben, eine Woche später zu fahren. Und dafür einen Tag weniger zu haben. Es ging Freitag abend gegen 23 Uhr los, noch mit einer der letzten Metros (die leider nach 22:30 nicht mehr fahren) zum Busterminal und dann mit einem nicht unvertrauenswürdig wirkenden argentinischen Busunternehmen ging es los. Auf recht bequemen Sitzen, kein Vergleich zu Indien. Sauber, sogar mit Videoprogramm (das war allerdings in grottiger Qualität). Mitten in der Nacht gegen 2:30 Uhr wurden wir dann geweckt, um auf 3.500 Höhenmetern aus dem Bus gezerrt zu werden und unsere Reisepässe zur Aus- und Einreise von den chilenischen und argentinischen Behörden abstempeln zu lassen. Danach ist noch eine Taschenkontrolle erfolgt nach Schmuggelgütern und frischem Gemüse und Fleisch, was nicht über die Grenze geschleppt werden sollte. Nach den ganzen Prozeduren sind wir todmüde in den Bus gestiefelt und haben versucht weiterzuschlafen. Am Busterminal angekommen haben wir ein Taxi in Richtung Innenstadt genommen und versucht, frühmorgens um 6 Uhr ein Hostel zu finden, was uns aufnehmen wollte. Das ging einfach und mit viel Glück von statten. Fast auf Anhieb haben wir ein nettes, preisgünstiges Hostal gefunden, was zudem noch Frühstück inbegriffen hatte und mit freundlichem Personal aufgewartet hat. Mehr als man je erwarten konnte. In der ersten Euphorie haben wir dann auch gleich die uns zusätzlich angebotene Weintour gebucht. Danach hieß es erstmal ein paar Stunden Schlaf nachholen.
Nachdem die gröbste Müdigkeit überstanden war, haben wir uns erstmal auf Entdeckungstour durch die Stadt gemacht. Die Stadt Mendoza hat selbst wenig alte Bausubstanz - das hat sie mit Santiago gemein. Ansonsten ist es dort schon ziemlich anders als in Santiago. Breite Straßen und vor allem breite Gehwege. Es ist gemütlicher, die Luft ist rein, es gibt viele Bäume. Weite große Plätze. Einkaufsstraßen und vor allem entspannende Fußgängerzonen mit Restaurants und Cafés. Das haben wir dann auch bald darauf genutzt und uns entspannt Cappuccino oder Milchkaffee mit Medialunas (kleinen Croissanthäppchen) reingezogen. In meinem Lonely-Planet-Reiseführer stand es schon ganz treffend geschrieben: *Those Mendocinos know how to live* - Die Menschen aus Mendoza verstehen es zu leben. Besondere Attraktionen gibt es in der schachbrettförmig angelegten mittelgroßen Stadt nicht. Aber das Lebensgefühl ist sehr angenehm. Man kommt sich eben vor wie in einer netten europäischen Stadt. Allgemein schien es mir trotz der geringen Entfernung zwischen Santiago und Mendoza so, dass Argentinien wesentlich europäischer geprägt ist. Vom Essen, vom Lebensgefühl. Und auch die Menschen sehen anders aus. Man sieht weniger Indiostämmige, dafür gibt es auch mehr blonde Argentinier als blonde Chilenen. Es fällt viel schwerer, Ausländer von Einheimischen zu unterscheiden. Die Sprache ist auch ein wenig anders. Auch das argentinische Spanisch hat so seine Eigenheiten, aber ich habe es ein wenig besser verstanden als das gängige Nuschelchilenisch. Das Preisniveau ist auch etwas niedriger als im teuren Chile. Das heißt, es gibt allerlei Kleinkram, Plunder und Ramsch zu kaufen, was die anderen drei in Verzückung und Versuchung führte, mich jedoch eher nervt.
Wir mussten dann auch zum Hostal zurück, um rechtzeitig unsere gebuchte Tour wahrnehmen zu können. Mit Kleinbus und Führer ging es zunächst auf zwei Weingüter. Denn Mendoza ist berühmt für südamerikanischen Wein. 70% der argentinischen Weinherstellung findet in der Gegend um Mendoza statt. Und da ich in Deutschland noch nie sowas gemacht habe, kam mir die Tour ganz gelegen. Das erste Weingut war ein wenig größer, das zweite etwas kleiner. Das Ganze war doch schon recht tourimäßig angelegt, aber wenigstens haben sich die Führer bemüht, langsam zu erklären. Man hat also schnell mitbekommen, dass beim zweiten Mal nochmal haargenau das gleiche erklärt wurde. Uns wurde auch erklärt, wie man den Wein zu schwenken und zu riechen hat. Hat aber wenig genützt, alle uns zur Verkostung dargebotenen Weine haben nach allem möglichem geschmeckt - nicht aber nach gutem Wein. Dann doch lieber der Billigwein aus dem Kaufland in Deutschland oder aus einem Supermarkt in Santiago. Zum Abschluss ging es noch auf eine Olivenfarm mit Ölfabrik und Erklärung. War dann doch recht ermüdend.
Abends zurückgekommen haben wir ein wenig in der Stadt rumgehangen. Bei mir kam so zum ersten Mal richtiges Südamerika-Feeling auf bei den belebten Straßen und Plätzen. Ein paar Kinder und Jugendliche haben mit Trommeln und Schlagzeug Musik gemacht und sind dazu ein wenig abgehottet. Gute Stimmung - good vibrations - buena onda, wie man in Chile jedenfalls sagen würde. Dann haben wir uns richtig was gegönnt. Einen Besuch in einem vergleichsweise teuren Restaurant, um mal richtiges argentinisches Steak zu futtern. Für ungefähr 5 Euro. Hier teuer, in Europa ein Traumpreis. Aber es hat sich gelohnt. Auf meinem Teller lächelte mich ein großes, ca. 6 cm dickes Steak an - *iss mich, iss mich!*. Und ich habe es getan. Trotz Furcht davor, dass es blutig wäre. Aber das war es nicht. Alles schön saftig. Das beste Steak, was ich je im Leben gegessen habe. Gefüllt von der deftigen Fleischmahlzeit wäre es Schlafengehenszeit gewesen, doch wir haben uns für eine Art Pub entschieden, wo wir durch Zufall wieder in eine Weinverkostung und -erklärung geraten sind. Die Tour zuvor hätten wir uns sparen können. Jedenfalls ist danach noch eine Beatles-Coverband aufgetreten, die es geschafft hat, uns mit zu stark aufgedrehten Boxen zu betäuben und gleichzeitig nicht ein einziges bekanntes Lied zu spielen. Vielleicht waren die Lieder auch bekannt, aber der Gesang und die Instrumente waren so schräg und falsch, dass mir das jedenfalls nicht so vorkam. Aber ein Erlebnis war es allemal.
Der nächste Tag war Sonntag. Trotz Versicherung unserer Hostalangestellten waren nicht alle Geschäfte geöffnet, was meine drei Begleiter in leichte Trauer versetzt hat. Aber nicht so wild, ein paar Läden haben dennoch ihre Dienste angeboten. So konnte man doch ein bisschen was kaufen. Danach nochmal leckeren Cappuccino im Café trinken. Und dann ging es auch schon zurück nach Santiago. Bei der Fahrt tagsüber kann man die atemberaubende Landschaft sehen, denn für die Strecke von Santiago nach Mendoza müssen die Anden überquert werden. Die letzten beiden Bilder sind auf der Rückfahrt entstanden. Langsam wandelt sich die Landschaft. Pappeln mit Ranches, Pferden. Und die Vegetation wird spärlicher. Irgendwann ist nur noch Schnee und Eis zu sehen. Das letzte Bild zeigt wieder das Warten an der chilenisch-argentinischen Grenze auf dem Libertadores-Pass. Die ganze Prozedur hat sich drei Stunden hingezogen. Und es war kalt oben. Da weiß man das Europa ohne Grenzkontrollen und Währungsumtausch wieder richtig zu schätzen. Ich habe Angst gehabt, dass man pflanzlicher Matetee beschlagnahmt wird. Aber nochmal Glück gehabt. Dafür haben sie jemanden rausgefischt, der eine Zitrone schmuggeln wollte. Schwerverbrecher! Er durfte aber dann weiter mitfahren. Jedoch ohne Zitrone. Spätnachts sind wir dann in Santiago wieder angekommen. Die Metro fuhr dann natürlich nicht mehr, so dass wir uns dann ausnahmsweise zu dritt in ein Taxi reingeteilt haben, was für die kurze Strecke genauso teuer wie der Stadtbus (die hier Micro heißen) war.